Finanztipp Nr. 1 – Die eigene Erbschafts- und Nachfolgeplanung
Heute spricht Markus Frank Broza mit Prof. Dr. Watrin, Dekan der Münster School of Business and Economics
Herr Broza:
Sich über die Endlichkeit des eigenen Schaffens Gedanken zu machen und ggf. das eigene Lebenswerk in andere Hände zu geben, zählt in der Regel nicht zu den populärsten Frage-stellungen innerhalb der Gesellschaft. Warum ist es Ihrer Ansicht nach, dennoch sinnvoll, sichrechtzeitig mit seiner eigenen Ruhestands- und Nachfolgeplanung zu beschäftigen?
Herr Prof. Watrin:
Die aktuellen Zahlen der IHK belegen, dass es bei der Unternehmensnachfolge in über 50% der Fälle zu erheblichen Problemen kommt. Wer nicht rechtzeitig die eigene Vermögens- und Unternehmensnachfolge plant, der wird große Schwierigkeiten haben, dies in einem strukturierten, in der Regel auch über mehrere Jahre notwendigen Prozess leisten zu können. Zu diesem Planungsprozess gehören u.a. Gedanken zur not-wendigen Einarbeitungszeit des potentiellen Nachfolgers, die Klärung ob man in der Familie einen Nachfolger finden kann bzw. ob man einen externen Nachfolger einbinden muss. Möglicherweise muss geprüft werden, ob und in welcher Weise das Unternehmen veräußert werden kann. Die fundierte Beantwortung dieser Fragen beansprucht mitunter einen langen Zeitraum. Wer die Vorbereitungen zur Beantwortung dieser grundsätzlichen Fragen nicht bei Zeiten angeht, kommt hinterher in die Situation, dass alles ganz schnell gehen muss. In der Praxis führt dies zu einem reduzierten Unternehmenswert. Nicht selten sogar dazu, dass das Unternehmen gar nicht mehr übergeben werden kann. Diejenigen, die sich zu lange an Ihrem Unternehmen festgehalten haben, sind bereits spektakulär gescheitert. Da gibt es ganz große Namen, wie zum Beispiel Max Grundig. Dieser und zahlreiche andere haben einfach zu lange am Unternehmen festgehalten, um es dann fast oder sogar ganz zu ruinieren. Das ist sehr schade.
Herr Broza:
Oftmals ist ein über Jahrzehnte oder gar über Generationen hinweg aufgebautes Vermögen sehr komplex strukturiert. Inwieweit kann ein sachkundiger Berater bei der individuellen Planung zielführend unterstützen?
Herr Prof. Watrin:
Man muss vor allem bedenken, dass viele Parteien betroffen sind. Da sind zu einem der Vermögensübergeber und sein Nachfolger. Möglicherweise gibt es weitere Erben und Vermächtnisnehmer die noch wirtschaftlich abgefunden werden müssen. Hierbei kann bereits der Laie erkennen, dass die gesamte Strukturierung einer solchen Vermögens-und Unternehmensnachfolge, ein komplexer Prozess ist. Möglicherweise ist das Unter-nehmen auf den bisherigen Inhaber sehr stark zugeschnitten. Die Überprüfung
der passenden Gesellschaftsform ist an dieser Stelle exemplarisch als wichtige Aufgabe zu nennen. Gerade die Vorbereitung auf die Vermögensnachfolge biete eine gute Gelegen-heit über die gesamte Vermögens- und Unternehmensstruktur, insbesondere der geeig-neten Unternehmensrechtsform neu nachzudenken.
Herr Broza:
Welche persönlichen und fachlichen Qualifikationen sollte der hierfür prädestinierte Berater mitbringen?
Herr Prof. Watrin:
Der Berater müsste meines Erachtens breit ausgebildet sein. Dieser muss rechtliche Kenntnisse haben, er muss steuerrechtliche Kenntnisse haben, er muss Kenntnisse von Themen wie Rechnungslegung, aber auch von Finanzen und Betriebswirtschaftslehre haben. Dabei ist es nicht so wichtig, dass der Berater in jedem einzelnen dieser Themen wirklich Experte ist. Es reicht, wenn er sich an den einen oder anderen Stellen weitere Experten hinzuzieht. Jedoch muss er zwingend die ganze Breite des Themas kennen und wissen, wo man dann vielleicht noch weitere Experten hinzuziehen muss. Die fachlichen Qualifikationen sehe ich in erster Linie in dieser Breite. Persönlich denke ich, dass der Berater vor allem integer und einfach auch zu dem Unternehmer passen muss.
Herr Broza:
Herr Prof. Dr. Watrin, ich danke Ihnen für das angenehme Gespräch und den von Ihnen ge-währten Einblick in Ihre Erfahrung als Wissenschaftler und Praktiker.