Investieren statt spenden
Wen das Schicksal der Menschen in der Dritten Welt nicht kaltlässt, kann mit Aktienfonds helfen und dort für Arbeitsplätze und Einkommen sorgen. Das geht aber nicht mit allen Fonds
Unser Lebensstandard ist ohne Zweifel hoch. Doch vieles könnten wir uns nicht leisten, würde man das ein oder andere Produkt hier in Deutschland produzieren. Denn unser Wohlstand beruht zu großen Teilen auf den niedrigen Löhnen, die in Ländern wie Bangladesch, Indien oder in anderen Schwellenländern gezahlt werden. Von Zeit zu Zeit haben wir daher ein schlechtes Gewissen. Um das zu er leichtern, spenden wir mitunter an Hilfs organisationen.
Wie effektiv ist diese Hilfe?
Was diese Organisationen tun, ist ohne Zweifel großartig und verdient Respekt. Doch wir sollten uns auch fragen, ob solche »milden Gaben« die einzige Mög lichkeit sind zu helfen und wie effektiv Spenden sind. Viele Spendenorganisatio nen arbeiten mit hohem Verwaltungskos tenaufwand. Das heißt, ein großer Teil der Spenden geht für Büromieten, Gehälter oder teilweise für Werbung drauf, um da mit wiederum neue Spenden zu erzielen.
Transparenz
Insgesamtgibtesnach Angaben des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) etwa 630 000 Or ganisationen, die als gemeinnützig, also steuerbegünstigt, anerkannt sind. Die werden nach Angaben eines DZISpre chers »zumindest alle drei Jahre vom örtlich zuständigen Finanzamt auf Ein haltung der formellen Regeln für die steu erliche Gemeinnützigkeit rudimentär überprüft«. Nach Schätzung des DZI sind davon etwa 2 000 Organisationen bun desweit und systematisch unterwegs, um Spenden zu sammeln. Grob geschätzt werden 50 bis 100 Organisationen von Ordnungsbehörden wie der Aufsichts und Dienstleistungsdirektion in Rhein landPfalz temporär überprüft.
Spendensiegel
Bei der DZI lassen sich 480 Organisationen freiwillig überprüfen. Davon dürfen immerhin 229 das DZISpendensiegel nutzen. Zu den Stan dards, die dafür erfüllt werden müssen, gehört unter anderem ein niedriger Ver waltungskostenanteil. Bei 45 Prozent der überprüften Organisationen ist der Werbe und Verwaltungskostenanteil nach Angaben des DZI »niedrig« mit unter zehn Prozent der jährlichen Gesamtaus gaben. Das bedeutet andersherum, dass bei 55 Prozent der geprüften Organisationen der Verwaltungskostenanteil höher als zehn Prozent ist.
Was ist die Alternative? Zumindest mit Blick auf die Verwaltungs kosten und die Nachhaltigkeit gibt es eine interessante Alternative für alle, die den Menschen in den Entwicklungsländern helfen wollen. Dabei geht es um spezielle Aktienfonds, die gezielt in Schwellenlän dern oder Emerging Markets investieren. Die Kostenquote bewegt sich hier zwischen 1,5 und 2 Prozent pro Jahr. Das hört sich auch nicht gerade mildtätig an. Ist es auch nicht. Aber Investitionen in diesen Ländern bedeuten für die Menschen dort Bildung, Arbeitsplätze und Einkommen. Mehr noch, Menschen mit einer guten beruflichen Qualifikation sind nicht auf Almosen angewiesen. Der Kreislauf aus Hilfsbedürftigkeit und Hilfslieferungen kann durchbrochen werden.
Theorie & Praxis
So weit die Theorie. Häufig waren und sind jedoch gerade niedrige Löhne und fehlende Gewerkschaften für Unternehmen das Motiv für Investitionen in Schwellenländern. Die Arbeits- und Lebensbedingungen dort sind oft schlecht. Gesundheits- und Arbeitsschutz häufig Fehlanzeige. Bilder von brennenden Fabriken in Bangladesch oder in Pakistan mit Hunderten Todesopfern symbolisieren diese Variante eines Manchester-Kapitalismus, der in diesen Ländern oft noch praktiziert wird.
Die Lösung heißt ESG
Für einen privaten Anleger ist das ein ganz wichtiges Problem. Wie kann er erkennen, unter welchen Bedingungen die Unternehmen vor Ort tätig sind? Eine Antwort auf diese Fragen bieten Fonds, die eine hohes ESG-Rating haben. Das heißt, dass diese Fonds gezielt in Unternehmen investieren, die bestimmte Vorgaben und Standards erfüllen. Dabei steht E für Environment (Umwelt), S für Social (Soziales) und G für Governance (Unternehmensführung). Investiert wird also nicht nur in profitable Firmen mit hohen Marktanteilen und guten Wachstumsaussichten, sondern auch in Unternehmen, die bewusst nach sozialen und ethischen Grundsätzen arbeiten.
Wenn es um diese Kriterien geht, ist die Situation oft jedoch noch etwas unübersichtlich, da es verschiedene ESG- Ansätze gibt. Beim ESG Enhanced werden z. B. nicht nur soziale und ethische Fragen bewertet, sondern umstrittene Geschäftsfelder wie etwa Waffenproduktion oder Nukleartechnologien von vornherein ausgeschlossen. Anbieter von ESG-Rating sind unter anderem Ratingagenturen wie MSCI ESG Research, Sustainalytics, Institutional Shareholder Services (ISS) und NetFederation. Beratungsthema Was also tun? Nehmen Sie sich bei der Auswahl eines ESG- Fonds Zeit. Besprechen Sie die infrage kommenden Fonds mit einem hohen ESG-Rating mit Ihrem Finanzberater. Aus seiner praktischen Arbeit kann er Ihnen unter Umständen Hinweise zu Schwellenländerfonds geben, die beim Thema soziales Investieren besonders erfolgreich sind oder welches Rating von welcher Ratingagentur sich als besonders aussagekräftig erwiesen hat.
Kein Allheilmittel
Als Anleger sollten Sie sich über einige Kernpunkte bewusst sein. Aktienfonds bedeuten auch ein Verlustrisiko. Aktienfonds mit sozialer Ausrichtung sind kein Allheilmittel. In Krisensituationen wie Umweltkatastrophen oder Kriegen helfen nur Sofortprogramme und Spenden. Für die Bekämpfung der regionalen Ungleichgewichte in der Welt bieten Schwellenländerfonds mit einem hohen ESG-Rating jedoch einen nachhaltigen Lösungsansatz, da die Abhängigkeit von Hilfsleistungen durchbrochen werden kann.
Fazit Wenn Sie Interesse an einem sozialen Engagement mit Aktien haben, sollten Sie das z. B. mit einem Fondssparplan ausprobieren. Prüfen Sie doch Anspruch und Realität der Idee, anderen Menschen zu helfen und dabei selbst viel-leicht Gewinne mit gutem Gewissen zu erzielen. Wenn Sie wissen wollen, ob eine nachhaltige Geldanlage, also ein Fonds mit hohem ESG Rating, auch für Sie passt, vereinbaren Sie ein Beratungsgespräch mit Ihrem Finanzberater.
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