Angesichts der Niedrigzinsen sinken bei vielen Anlegern die Berührungsängste vor neuen Anlagestrategien. Doch man sollte seine Rechnung niemals ohne das Finanzamt machen
Trotz Corona-Krise sind wir Deutschen Sparweltmeister. Doch der Fiskus sitzt leider meist immer mit am Tisch. Welches steuerliche Know-how ist notwendig, damit von den Gewinnen, die Sie mit Ihren Aktien, Fonds oder Anlagezertifikaten erzielen, möglichst viel bei Ihnen auch ankommt? Auf den ersten Blick scheint der Spielraum dafür ziemlich gering. Denn mit der Abgeltungsteuer, die Ihre Bank automatisch an das Finanzamt abführt, wenn der Sparerpauschbetrag überschritten wird, scheint sich das Thema erledigt zu haben. Doch in der Realität sieht das oft anders aus. Denn bei börsennotierten Geldanlagen sind beispielsweise auch Verluste möglich, die Sie nutzen können, um Ihre Steuerlast zu senken.
Sparerpauschbetrag & Co.
Wenn Sie Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden oder Aktiengewinne erzielen, behält die Bank dafür grundsätzlich 25 Prozent Abgeltungsteuer, dazu Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ein. Hier müssen Sie erstmals aktiv werden. Erteilen Sie Ihrer Bank einen Frei-stellungsauftrag in Höhe des Sparerpauschbetrags von 801 Euro/1 602 Euro (Ledige/Zusammenveranlagte). In diesem Fall verzichtet das Kreditinstitut auf den Abzug der Steuer, wenn die Kapitalerträge den Sparerpauschbetrag nicht überschreiten. Werbungskosten An dieser Stelle gibt es bereits oft die erste Verwirrung, denn normalerweise erlaubt das Steuerrecht, dass Sie Ihre Erträge um die Ihnen entstandenen Werbungskosten reduzieren. Bei der Abgeltungsteuer ist das nicht so. Depotgebühren, Kosten für einen Vermögensberater oder Schuldzinsen für die Fremdfinanzierung einer Kapitalanlage sind steuerlich tabu und reduzieren Ihre Erträge nicht.
NV-Bescheinigung
Wenn Ihre Einkünfte so niedrig sind, dass keine Steuern anfallen und Sie darum seit Jahren keine Steuererklärung mehr beim Finanzamt einreichen, können Sie die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge elegant aushebeln. Beantragen Sie beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheini-gung (NV-Bescheinigung). Steuerfrei Stimmt das Finanzamt zu, werden Sie für die nächsten drei Jahre von der Abgabe der Steuererklärung befreit, die Bank führt keine Abgeltungsteuer auf Ihre Kapitalerträge ans Finanzamt ab.
Solidaritätszuschlag
Sicherlich haben Sie schon mitbekommen, dass der lästige Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkomme-steuer ab 2021 für 90 Prozent aller Steuerzahler weggefallen ist. Doch für Kapitalanleger ändert sich 2021 leider nichts. Wenn auf Kapitalerträge Abgeltungsteuer anfällt, wird auch 2021 automatisch der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent darauf fällig.
Goldzertifikate
Anleger, die ihr Geld in Zertifikate wie Xetra-Gold oder Euwax Gold II anlegen, machen steuerlich nichts verkehrt. Denn solche Gold-ETCs (Exchange Traded Commodities) werden steuerlich wie ein physisches Edelmetall behandelt. Das heißt, Gewinne aus solchen Papieren unterliegen nicht der 25-prozentigen Abgeltungsteuer, wenn Sie mit dem Verkauf mindestens ein Jahr warten. Dann kassieren Sie etwaige Gewinne steuerfrei.
Gesetzgeber Doch aufgepasst. Dieses Steuerprivileg stand letztes Jahr auf der Kippe. Der Gesetzgeber wollte Kapitalerträge mit solchen RohstoffETCs der Abgeltungsteuer unterwerfen, wenn es beim Verkauf zu Gewinnen kommt. Dieser Versuch scheiterte. Aber es könnte weitere Versuche geben, dieses legale Steuerschlupfloch zu schließen.
Aktienverluste
Ein besonders interessantes Kapitel sind Aktienverluste. Denn darüber, mit welchen Gewinnen aus anderen Kapitalerträgen solche Verluste verrechnet werden können, herrscht viel Unklarheit. Wenn Sie Verluste beim Verkauf von Aktien machen, dürfen Sie diese Verluste nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen in diesem Jahr oder in den Folgejahren verrechnen. Eine steuersparende Saldierung von Aktienverlusten mit positiven Kapitalerträgen wie Zinsen oder Dividenden ist dagegen ausgeschlossen.
Beispiel Sie erzielen Verluste aus einem Aktienverkauf in Höhe von 3 500 Euro. Bei einem zweiten Aktienverkauf erzielen Sie einen Gewinn von 2 000 Euro, außerdem haben Sie Dividenden in Höhe von 1 200 Euro eingenommen. Der Sparerpauschbetrag von 801 Euro/1 602 Euro (Ledige/Zusammenveranlagte) ist bereits durch den Bezug von Dividenden aufgebraucht. Folge: Die Aktienverluste und Aktiengewinne können steuersparend verrechnet werden. Der übrig bleibende Verlust von 1 500 Euro kann mit Aktiengewinnen der Folgejahre steuersparend verrechnet werden.
Aktiengewinne
Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn Sie mit Aktienverkäufen Gewinne machen. In diesem Fall dürfen Sie die Aktiengewinne uneingeschränkt mit Verlusten aus anderen Kapitalerträgen – also zum Beispiel bei gezahlten Stückzinsen – verrechnen.
Depots bei mehreren Banken
Haben Sie bei verschiedenen Banken Aktiendepots und erzielen bei einer Bank Aktiengewinne und bei der anderen Bank Aktienverluste, ist eine steuersparende Verrechnung fürs laufende Jahr nur dann möglich, wenn Sie zwei Voraussetzungen erfüllen. Erstens: Sie müssen sich bei der Bank mit den Verlusten eine Verlustbescheinigung ausstellen lassen. Zweitens: Der Antrag dazu ist nur bis zum 15. Dezember des Steuerjahres möglich. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie dann in die Anlage KAP Ihrer Steuererklärung die Aktiengewinne und Aktienverluste eintragen. Das Finanzamt erstattet im Steuerbescheid die zu viel bezahlte Abgeltungsteuer.
Beispiel Sie haben im vergangenen Jahr bei Bank A einen Aktienverlust von 2 700 Euro und bei Bank B einen Aktiengewinn von 1 500 Euro erzielt. Bei der Bank A haben Sie bis 15. Dezember eine Verlustbescheinigung beantragt. Der SparerPauschbetrag von 801 Euro/1 602 Euro (Ledige/ Zusammenveranlagte) ist bereits durch den Bezug von Dividenden aufgebraucht. Folge: In diesem Fall verrechnet das Finanzamt bei Abgabe einer Anlage KAP die Gewinne und Verluste, sodass die einbehaltene Abgeltungsteuer komplett erstattet wird.