Inflation – wird alles teurer?

Beratungsbedarf: Wissen Sie, wie viel Ihre Ersparnisse noch wert sind? Wie viel können Sie sich für Ihr Gehalt oder Ihre Rente im Vergleich zu den vergangenen Jahren noch leisten?

Lange Zeit war die Inflation kein The-ma. Seit Anfang des Jahres mehren sich die Zeichen, dass sich das än-dern könnte. Im Februar betrug die Preissteigerungsrate verglichen mit dem Vorjahresmonat 1,3 Prozent. Im Monat zu-vor waren es noch 0,7 Prozent. Ende des Jahres erwartet der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken sogar kurz-zeitig eine Inflationsrate von drei Prozent. Der aktuelle Anstieg dürfte vor allem zwei Ursachen haben. Anfang des Jahres wurden die Mehrwertsteuersätze nach ihrer zeitweisen Reduzierung 2020 wie-der von fünf auf sieben Prozent bzw. von 16 auf 19 Prozent angehoben. Gleichzeitig sorgte die neue CO2-Steuer dafür, dass Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas deutlich im Preis anzogen.

Alles nicht so schlimm?

Dabei handele es sich jedoch, darauf weist Markus Demary vom Institut der Deutschen Wirtschaft hin, lediglich um Ein mal effekte. Von einer Inflation kann man nur spre-chen, wenn die Preise stetig steigen.« Also alles halb so schlimm? Die Antwort auf die-se Frage hängt, wie so oft im Leben, von der Sicht auf die Dinge ab, die man jeweils hat. Notenbanken Betrachtet man die Fra-ge aus der Sicht der Notenbanker, gibt es kein Inflationsproblem. Im Gegenteil, eine Inflation von bis zu zwei Prozent erklärt die Europäische Zentralbank (EZB) auf mitt-lere Sicht sogar als wünschenswert. Und das aus gutem Grund. Denn eine moderate Inflationsrate signalisiert, dass die Wirt-schaft brummt. Steigende Preise bedeuten eine hohe Nachfrage und damit gute Kon-junktur. Das sorgt für eine hohe Beschäf-tigung und niedrige Arbeitslosigkeit. Verbraucher & Co. Etwas anders sehen das Thema naturgemäß Arbeitnehmer, Rentner oder Sparer. Hier dreht sich alles um die Frage: Wie viel ist mein Geld noch wert? Reicht das Gehalt oder die Rente, um die monatlichen Ausgaben für Miete, Strom, Benzin usw. bestreiten zu können? Das ist derzeit wohl in den meisten Fällen der Fall, denn zusammen mit den Preisen bewegen sich auch Löhne und Renten. Wenn es jedoch um Reisen, Restaurant­besuche oder anspruchsvollere Konsum­wünsche geht, dürfte bei vielen die Luft dünner werden. Am größten dürfte der Gegensatz zwischen Notenbankern auf der einen Seite und Sparern auf der anderen sein. Denn bei der Frage, ob unser Geld an Wert verliert, scheiden sich die Geister. Eine Beispielrechnung zeigt, warum viele Menschen bei diesem Thema so besorgt sind. Bei einer Inflationsrate von derzeit 1,3 Prozent würde ein angespartes Ver­mögen von 100 000 Euro für die Alters­vorsorge innerhalb von 20 Jahren noch eine Kaufkraft von 77 234,46 Euro haben.

Andere Messlatte

Doch ist die Preissteigerungsrate tat­sächlich das alleinige Maß für den Wert unseres Geldes? In einer Gesellschaft, die auf Ware­Geld­Beziehungen beruht, spie­gelt die Geldmenge auf der einen Seite der Waage symbolisch die insgesamt ver fügbaren Güter, Waren und Dienst­leistungen auf der anderen Seite wider. Milton Friedman, US­Ökonom und Nobel­preisträger, erklärte in den 1990er­Jahren die Inflation als Resultat eines schnelleren Wachstums der Geldmenge im Ver­gleich zum Wirtschaftswachstum. Sieht man die Welt mit seinen Augen, ergibt sich tatsächlich ein anderes Bild. Denn die Geldmenge M3, die gemeinhin als Indikator für eine Inflation verwen­det wird, wächst deutlich schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Nach Berech­nungen des Internetportals tagesgeld vergleich.net hätte eine so berechnete Inflationsrate für 2020 in Deutschland 12,91 Prozent betragen. Bezogen auf un­ser Beispiel würden aus den 100 000 Euro innerhalb von 20 Jahren damit real 8 817,63 Euro werden.

Umlaufgeschwindigkeit

Natürlich handelt es sich hier um eine stark vereinfachte und zugespitzte Beschrei­bung. In der Praxis wird das Verhältnis von Geldmenge und Bruttoinlandspro­dukt vor allem durch die Umlaufgeschwin­digkeit des Geldes modifiziert. Die sinkt aber seit geraumer Zeit. Würde die Geld­umlaufgeschwindigkeit wieder anziehen, würde das die Inflation wahrscheinlich sogar befeuern.

Zwischenfazit

Auch wenn man sich nicht in diesen Feinheiten der Geld­theorie verirren will, sollte man den grundlegenden Zusammenhang zwi­schen den insgesamt verfügbaren Waren und Dienstleistungen einerseits und der Geldmenge andererseits als eine Art Spiegelbild davon im Hinterkopf behal­ten. Für private Haushalte macht es also durchaus Sinn, neben der Preissteige­rungsrate auch das Verhältnis von Wirt­schaftswachstum und Geldmenge auf dem Bildschirm zu haben.

Was treibt die EZB?

Nun ist die Tatsache, dass Notenbanker und Volkswirte die Welt mit anderen Au­gen sehen als private Haushalte, an sich kein Problem. In den 1970er­Jahren, er­klärt Markus Demary, habe es noch einen recht starken Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation gegeben. Durch den technologischen Fortschritt in der Finanzierung und Zahlungsabwicklung sei dieser Zusammenhang aber immer schwächer geworden. »Die Zentralban­ken haben deshalb den Fokus auf die Geldmenge aufgegeben und sind statt­dessen in den 1980er-Jahren zur Stra tegie der Inflationssteuerung mit einem festen Inflationsziel gewechselt.«

Geldflut

Mitte 2020 belief sich der Bestand an Anleihen, den die EZB angekauft hatte, auf rund 2 775 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das deutsche Bruttoinlands-produkt betrug im vergangenen Jahr 3 332 Milliarden Euro.

Zinsen 

Geld gibt es in der Eurozone kostenlos. Das bedeutet aber nicht gleich, dass es wertlos ist. Es bedeutet lediglich, dass sich Banken kurzfristig bei der EZB Geld zum Leitzinssatz von 0 Prozent leihen können.

Inflationsziel

Die EZB verfolgt bislang das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 Prozent zu halten.

Konjunktur

Private Haushalte sollten nicht die Augen davor verschließen, dass Notenbanken mit einem Inflationsziel arbeiten. Die EZB kauft seit Jahren im großen Stil Staats- und Unternehmensanleihen mit Geld an, das bis dahin gar nicht existiert hat. Das frische Geld, das eine Bank erhält, die eine Staats- oder Unternehmensan leihe verkauft, soll das Kreditinstitut in die Lage versetzen, Unternehmen mit günstigen Krediten zu versorgen. Auf diese Weise ist es der EZB bislang tatsächlich recht erfolgreich gelungen, den Kreislauf der Wirt-schaft aus Investition, Produktion und Konsumtion nicht abreißen zu lassen.

Staatsverschuldung

Doch es gibt noch einen weiteren Punkt, warum pri-vate Haushalte und die EZB das Thema Inflation unterschiedlich sehen, und das sind die Staatsausgaben. Staatsschulden an sich, so sehen das Volkswirtschaftler wie Markus Demary, wirken nicht in-flationär. Das zeige auch das Beispiel von Japan. »Anders sieht es dagegen aus«, so Demary, »wenn der Staat seine Ausgaben so stark ausweitet, dass es zu einer Über-hitzung der Wirtschaft und damit zu stark steigenden Preisen kommt.« Das sehen private Verbraucher mit Blick auf den Vertrag von Maastricht von 1992, mit dem dem Euro der rote Teppich ausgerollt wurde, nicht so entspannt. Damals wurden unter anderem die soge-nannten Maastricht-Kriterien vereinbart. Eines davon besagt, dass die Verschuldung eines Staates nicht höher als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sein darf. Dieses Kriterium halten heute die meisten Staaten nicht mehr ein. Ende 2020 betrug die durchschnittliche Staatsver-schuldung in der Eurozone 97,3 Prozent.

Was können Verbraucher tun?

Private Haushalte sind daher gut beraten, sich mit dem Selbstverständnis der EZB in Sachen Geldpolitik zu arrangieren und das eigene Ausgabe- und Sparverhalten daran zu orientieren.

Konsumenten

Für Konsumenten kann es angesichts steigender Preise, die weiter zu erwarten sind, Sinn machen, Anschaf-fungen vorzuziehen. Wer dafür einen Ratenkredit aufnimmt, sollte bedenken, dass hier alles davon abhängt, dass die EZB mit ihrer Strategie erfolgreich bleibt und die Konjunktur brummt. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist bei kreditfinan-zierten Käufen ein großes Risiko. Zu den Nebeneffekten vorgezogener Anschaffun-gen würden übrigens – ganz im Sinne der EZB – steigende Preise gehören.

Sparer

Komplexer ist das Bild, das sich für Sparer und Anleger ergibt. Eine Geldpolitik, die darauf ausgerichtet ist, Geld zu verbilligen, macht das klassische Sparmodell über Festgeldkonten und Zins papiere obsolet. Das betrifft nicht nur die geringe Rendite, sondern mittel- und langfristig auch die Risiken von Schuld-papieren. Denn die Kapitalmärkte, die bis-lang störungsfrei funktionieren, sind nicht vor der Erkenntnis gefeit, dass es Schuld-nern, wie etwa Italien mit einer Verschul-dung von 154,2 Prozent bezogen auf das BIP, eines Tages schlichtweg unmöglich sein könnte, ihre Schulden zu tilgen.

Anleger

Als Geldanlage, die in dieser Form Schutz vor einer Inflation bietet – und das ist die große gedankliche He-rausforderung –, haben sich auf lange Sicht Aktien erwiesen, die höhere Ren-diten als festverzinsliche Anleihen abwer-fen und dafür aber eigentlich als riskant gelten. Das Problem bei solchen Unter-nehmensbeteiligungen besteht darin, dass sie derzeit bereits sehr teuer sind. Als eine Art Kompromiss gelten abbezahlte Immobilien. Offene Immobi-lienkredite haben dagegen zwar den Vorteil, dass man mit Darlehen von einer Geld entwertung profitieren kann. An-dererseits hängt auch hier ähnlich wie beim Konsumentenkredit alles daran, dass die monatliche Rate aufgebracht werden kann. Zinsfans, die traditionell Risiken scheuen, können zumindest einen Teil ihrer Ersparnisse in Gold parken. Gold wirft (wie Sparguthaben) keine Zinsen ab, ist jedoch eine Anlageform, die seit 2 000 Jahren von den Menschen als siche­re Anlage geschätzt wird. Anleihen machen derzeit nur Sinn, wenn sie mit einem Inflationsschutz ver­sehen sind. Dabei ist ihr Nennwert – also der Betrag, den man zum Laufzeitende zurückbekommt – an die Inflations­entwicklung gekoppelt. Durch diesen Mechanismus steigen auch die Zinsen.

Gold – Misstrauensvotum der Bürger

Unabhängig

Die Attraktivität von Gold als sichere Anlage über Jahrtausende beruht auf der Tatsache, dass es nur begrenzt verfügbar ist. Das heißt, anders als Pa­piergeld bietet das Edel­metall einen gewissen Schutz gegen staatliche Währungsmanipulationen. Bar­ oder Giralgeld wur­de in der Geschichte von Regierungen immer wieder genutzt, um sich quasi mithilfe der Druck­maschine zu entschul­den. Das passierte immer auf Kosten der Bürger und ihrer Ersparnisse.

Entschuldung

Am deutlichsten wurde das 1971, als der damalige US­Präsident die Bindung des Dollars an Gold been­dete, um die Schuldenlast, die im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg aufgelaufen war, mit un­gedecktem Papiergeld abzulösen. Damals koste­te ein Dollar 3,48 D­Mark (ca. 1,78 Euro).

Chance

Gold bietet jedoch keinen absoluten Schutz gegen Wert­verluste oder staatliche Währungsmanipulationen. Der Goldpreis wird jeden Tag an der Börse ausge­handelt und kann fallen. Anleger sollten das derzeit als Chance be­greifen. Gold kostet ca. 1 705 Dollar pro Feinunze. Noch im August vergan­genen Jahres war Gold beim damaligen Höchst­stand von 2 069 Dollar deutlich teurer.

 

Inflationsgeschützte  Anleihen – Zinspapiere ohne Risiko

Sicherheit

Inflations­geschützte Anleihen unterliegen wie alle An­leihen einem Kursrisiko (steigende Zinsen = fal­lende Kurse). Wird die Anleihe bis zur Fälligkeit gehalten, kann man das Risiko vernachlässigen. Denn die Anleihe wird zu einem angepassten Nennwert zurückgezahlt.

Zinsen

Bei inflationsge­schützten Anleihen wer­den eine Laufzeit und eine feste Verzinsung verein­bart. Die Bundesanleihe mit Inflationsschutz (WKN 103055) wird z. B. mit 0,5 Prozent verzinst und zum 15.4.2030 zur Rück­zahlung fällig. Die jährliche reale Verzinsung wird mithilfe einer Indexver­hältniszahl berechnet. Bei einer Inflationsrate von 1,5 Prozent würde die Indexverhältniszahl im ersten Jahr 1,015 betragen. Dadurch würde die reale Verzinsung 0,508 Prozent (0,5 x 1,015) betragen.

Nennwert

Wer 100 Euro in eine normale Anleihe investiert, würde nach 20 Jahren 100 Euro zurückerhalten. Dieser Betrag hätte bei einer Inflationsrate von 1,5 Pro­zent noch eine Kaufkraft von 74,25 Euro. Bei inflations geschützten Anleihen wird der Nenn­wert jedoch mit der Indexverhältniszahl jedes Jahr fortgeschrieben. Nach 20 Jahren würden für 100 Euro dann 134,68 Euro zurück­gezahlt werden.

 

Aktien/Aktienfonds – Inflationsschutz mit Risiko

Sachvermögen

Langfristig bietet ein breit gestreutes Aktienport­folio gute Chancen, die Gefahr einer Inflation zu umschiffen. Unterneh­mensbeteiligungen gel­ten wie Edelmetalle oder Immobilien als Substanz­werte, die historisch gesehen einen guten Schutz gegen Geldent­wertung oder gar Wäh­rungsschnitte bieten.

Risiken

Dafür geht der Verbraucher hier ein hö­heres Anlagerisiko als zum Beispiel bei infla­tionsgeschützten Anlei­hen ein. Kurseinbrüche sind immer möglich. Dieses Risiko steigt, weil derzeit viele Aktien teu­er sind. Das liegt nicht immer nur an guten Umsatz­- und Gewinnzahlen, sondern auch der Geld­politik der Notenbanken. Je mehr Geld in Umlauf gebracht wird, desto grö­ßer ist der Bedarf, dieses Geld anzulegen.

Chancen

Aktien bieten als Substanzwerte nicht nur guten Schutz vor Geldentwertung, sondern auf lange Sicht auch die Chance, von Kurssteige­rungen und Dividenden zu profitieren. Wer zum Beispiel vor fünf Jahren mit börsengehandelten Indexfonds (ETF) wie dem iShares DivDAX in dividendenstarke deut­sche Aktien investiert hat, kann sich über eine durchschnittliche jähr­liche Gesamtren dite von 8,71 Prozent freuen.

 

Immobilien/Immobilienfonds – Betongold glänzt (fast) immer

Klassiker

Immobilien sind traditionell so etwas wie eine Fluchtburg für die Deutschen, wenn es um Inflationsschutz geht. Verkehrt ist das nicht, doch die Sache ist komplizierter, als man vielleicht denkt.

Hohe Preise

Den größ­ten Stolperstein bilden die derzeit hohen Immo­bilienpreise. Man spricht hier mitunter auch von einer Inflation der Vermö­genspreise. Von 2010 bis 2020 stiegen die Preise für Wohnimmobi lien um 65,6 Prozent. Wie bei Aktien spielt auch hier eine Rolle, dass die Geld­mengen, die in Umlauf gesetzt werden, angelegt werden müssen. Die Niedrigzinspolitik, mit der die Notenbanken die Wirtschaft am Laufen halten, sorgt außerdem dafür, dass Hypotheken­darlehen zu traumhaft niedrigen Zinsen zu ha­ben sind. Das verstärkt die Nachfrage und sorgt für steigende Preise.

Gewinnerseite

Wer sich dazu durchringt, ein Darlehen aufzunehmen, um eine Immobilie zu kaufen, hat gute Karten, auf der Gewinnerseite zu stehen. Ein Kaufkraftver­lust der Währung bedeu­tet für einen Darlehens­nehmer eine Entlastung. Denn die monatliche Belastung, die der Darle­hensnehmer für die Kre­ditrate schultern muss, relativiert sich durch die Geldentwertung.

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