Auf der Zielgeraden zum Finanzamt

Eigentlich wäre Ende Juli die Steuererklärung fällig gewesen. Doch der Bundesrat hat einer Verlängerung der Abgabefrist bis 31. Oktober zugestimmt. Aber warum wollen Sie warten?

Wegen der Corona-Pandemie sollen Steuerzahler, die zur Abgabe einer Steuererklärung für 2020 verpflichtet sind, mehr Zeit bekommen. Der Bundesrat hat Ende Juni einer Verlängerung der Abgabefrist bis Ende Oktober 2021 zugestimmt. Doch warum wollen Sie auf Ihre Steuererstattung so lange warten?

1 Finanzamt akzeptiert Pauschale für Homeoffice mehrfach

Wer 2020 wegen Corona im Homeoffice arbeiten musste, aber dort kein Arbeitszimmer hat, kann trotzdem Werbungskosten geltend machen. Mit fünf Euro pro Tag beteiligt sich der Fiskus an höheren Heiz-, Wasser- und Stromkosten zu Hause. Maximal dürfen dafür jedoch 600 Euro angesetzt werden. Mussten mehrere Familienmitglieder daheim arbeiten, darf jeder die Homeoffice-Pauschale absetzen.

2 Beim Homeoffice nicht die Zusatzkosten vergessen

Zusätzlich zur Homeoffice-Pauschale dürfen noch Telefonkosten für berufliche Telefonate vom Privatanschluss abgesetzt werden. Ohne Aufzeichnungen sind 20 Prozent der Telefonrechnung, maximal 20 Euro im Monat, abziehbar. Auch Kosten für berufliche Arbeitsmittel wie Schreibtisch, Laptop usw. dürfen zusätzlich zur Homeoffice-Pauschale abgesetzt werden. Bei einem Netto-Kaufpreis von maximal 800 Euro können die Ausgaben auf einen Schlag abgezogen werden.

3 JAHRESTICKET Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten?

Beispiel Arbeitnehmerin Susi hat sich Anfang Januar 2020 ein Jahresticket für Bus und Bahn für 1.400 Euro gekauft, um damit 2020 zur Arbeit pendeln zu können. Wegen Corona musste sie jedoch die meiste Zeit im Homeoffice arbeiten und ist deshalb 2020 nur an 50 Tagen zur Arbeit gefahren (einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeit = 40 Kilometer). Fazit Die tatsächlichen Kosten für das Jahresticket sind immer dann abziehbar, wenn die Kosten über der Entfernungspauschale für das Jahr 2020 liegen. Das Finanzamt könnte die Ticketkosten nur anteilig zum  Abzug zulassen, weil es wegen der Arbeit im Homeoffice wohl hauptsächlich privat genutzt wurde. Hier lohnt sich Gegenwehr mit Hinweis auf die FAQ »Corona« (Steuern) des Bundesfinanzministeriums.

4 Nur in Ausnahmen können Negativzinsen abgesetzt werden

Bei Negativzinsen akzeptiert das Finanz-amt keine steuerliche Verrechnung mit anderen Zinsen oder Dividenden. Eine Ausnahme bilden Geldanlagen mit gestaf-felten Zinsen. Beispiel: Mit den Einkünf-ten aus dem Verkauf von Wertpapieren überschreiten Sie den Sparerfreibetrag. Zudem haben Sie 100 000 Euro aus einer Erbschaft auf einem Tagesgeldkonto ge-parkt, bei dem die Verzinsung gestaffelt ist. Für die ersten 50 000 Euro zahlt die Bank 0,1 Prozent Zinsen. Für 30 000 Euro, die diesen Betrag überschreiten, zahlt die Bank keine Zinsen. Der Zinssatz für die restlichen 20 000 Euro beträgt minus 0,1 Prozent. Die Gesamtverzinsung des Tagesgeldkontos ist daher positiv. Folge: In diesem Fall können Sie auf das BMF-Schreiben vom 19.2.2021 verweisen und auf den Abzug der Negativzinsen pochen.

5 Entschädigungen für eine Schrottimmobilie sind steuerfrei

Haben Sie eine Immobilie gekauft, die Sie vermieten wollten, und sich eine soge-nannte Schrottimmobilie andrehen las-sen? Hat Ihre Bank diesen Kauf mit einem Darlehen finanziert? Wenn die Bank Sie dafür im Rahmen eines Vergleichs finan-ziell entschädigt hat, können Sie sich freu-en. Die Entschädigung in Form eines Dar-lehens- und Zinserlasses ist für Sie steuer-frei. Der Fiskus darf die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht um die Entschädigung erhöhen (BFH, Urteil v. 10.11.2020, Az. IX R 32/19).

 

6 Zahlungen des Arbeitgebers bei einer Quarantäne sind steuerfrei

Haben Sie 2020 Geld von Ihrem Arbeit-geber bekommen, obwohl Sie wegen eines Corona-Verdachtsfalls zu Hause in Quarantäne waren? Haken Sie un be-dingt bei Ihrem Chef nach, ob er für diese Gehaltszahlung eine Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz bekom-men hat und ob er die Zahlung normal lohnversteuert hat. Falls das zutrifft, kön­nen Sie sich über eine Steuerentlastung freuen. Denn Zahlungen nach dem Infek­tionsschutzgesetz sind steuerfrei. Bitten Sie das Finanzamt also bei Abgabe Ihrer Steuererklärung für 2020, den zu versteu­ernden Bruttoarbeitslohn zu reduzieren. Kleiner Wermutstropfen: Die Zahlung unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass sich der Steuersatz auf das übrige Einkommen erhöht.

7 STEUERSTRATEGIE Kombination von Dienstwagen & Homeoffice

Beispiel Arbeitnehmer Bert bekam von seinem Arbeitgeber in 2020 einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt (Bruttolistenpreis 40 000 Euro). Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeit beträgt 30 Kilo-meter. Wegen Corona und Arbeit im Homeoffice ist der Arbeitnehmer 2020 nur an 115 Tagen zur Arbeit gefahren. Fazit Bei weniger als 180 Fahrten zur Arbeit im Jahr kann ein Antrag auf Anwendung der 0,002-%-Rege-lung bei Abgabe der Steuererklärung 2020 gestellt werden. Folge: Das Finanzamt reduziert den Arbeitslohn in unserem Beispiel um 1 560 Euro (geldwerter Vorteil bisher = 9 120 Euro abzüglich geldwerter Vorteil neu = 7 560 Euro) und erstattet die zu viel bezahlten Steuern.

8 Auf Kinderkrankengeld fallen keine Steuern an

Haben Sie 2020 Kinderkrankengeld erhal­ten, sind diese Zahlungen steuerfrei. Es handelt sich aber um eine Lohnersatz­leistung, die dem Progressionsvorbe­halt unterliegt. Auch hier erhöht sich dadurch der Steuersatz auf das übrige zu versteu­ernde Einkommen.

9 Erben sollten Steuererklärung für Verstorbenen abgeben

9Erben sollten Steuererklärung Wer eine vermietete Immobilie erbt, muss für den Verstorbenen im Todesjahr in der Regel eine Steuererklärung einrei­chen. Hintergrund: Vermieter können Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf fünf Jahre verteilen. Es kann also passieren, dass der Verstorbene 2017 Erhaltungsaufwendungen von 50 000 Euro hatte und die auf fünf Jahre verteilt geltend machen wollte. Ist er zum Beispiel Anfang 2020 verstorben, hat er in den Jahren 2017 bis 2019 insge­samt 30 000 Euro Werbungskosten ab­gezogen. Die restlichen 20.000 EUR kann der Erbe nach einem aktuel­len Urteil vollständig abziehen (BFH, Urteil v. 10.11.2020, Az. IX R 31/19).

10 Steueranrechnung bei Heimaufenthalt für haushaltsnahe Diensteleistungen

Wenn Sie 2020 wegen Pflegebedürftigkeit, Krankheit oder Behinderung in einem Pfle­geheim gelebt haben, dürfen Sie die Heim­kosten, die Sie selbst getragen haben, als außergewöhnliche Belastung absetzen. Das Finanzamt zieht davon jedoch eine Haushaltsersparnis und eine (steuerlich) zumutbare Belastung ab. In Höhe der zu­mutbaren Belastung, die steuerlich schein­bar verloren ist, können Sie unter bestimm­ten Voraussetzungen eine Steueranrech­nung für haushaltsnahe Dienstleistungen von 20 Prozent geltend machen. Und zwar dann, wenn Sie im Heim einen abgeschlos­senen Haushalt nutzten (Raum inkl. Bad/WC und Kochgelegenheit).

11 Sonderausgabenabzug bei Kinderbetreuungskosten

Haben Sie Ihre Kinder, die 2020 nicht älter als 14 Jahre alt waren, wegen Corona betreuen lassen, ist ein Sonder­ausgabenabzug möglich. Abziehbar sind zwei Drittel der Kinderbetreuungs­kosten, maximal jedoch 4 000 Euro je Kind und Jahr. Haben Sie für die Kinder­betreuung einen steuerfreien Zuschuss Ihres Arbeitgebers nach § 3 Nr. 33 EStG bekommen, mindert das Finanzamt Ihre Betreuungskosten um diesen Zuschuss. Das ist aber umstritten. Kürzt das Finanz­amt die Kinderbetreuungskosten um den Arbeitgeberzuschuss, sollten Sie Ein­spruch gegen den Steuerbescheid einle­gen und auf zwei Musterprozesse beim Bundesfinanzhof hinweisen (Az. III R 30/20; III R 54/20).

12 Vermietungsverluste wegen Corona

Bei Vermietung einer Immobilie gibt es einen Grundsatz. Wird eine Immobilie verbilligt vermietet und die vereinbarte Miete beträgt weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete, lässt das Finanzamt die Werbungskosten nur anteilig zum Ab­zug zu. Droht eine solche Kürzung auch, wenn 2020 wegen Corona Mietzahlun­gen ausgefallen sind und die Einnahmen deshalb unter 66 Prozent der ortsübli­chen Miete rutschten? Nein, es bleibt beim vollen Werbungskostenabzug, wenn die im Mietvertrag vereinbarte Miete mindestens 66 Prozent der orts­üblichen Miete beträgt.

13 Steuererstattungen wegen Kurzarbeit im Blick behalten

Mussten Sie wegen Corona in Kurzarbeit, sind Sie zur Abgabe einer Steuerer­klärung verpflichtet, wenn Sie mehr als 410 Euro staatliche Hilfe bezogen haben. Bisher hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es durch den Bezug von Kurzarbei­tergeld generell zu Steuernachzahlungen kommt. Das stimmt in vielen Fällen jedoch nicht. Oftmals kommt es sogar zu einer Steuererstattung, da die meisten Arbeitgeber die Lohnsteuer in der Zeit der Beschäftigung so einbehalten haben, als würde der Arbeitnehmer zwölf Monate arbeiten. Dadurch wurde oftmals zu viel Lohnsteuer einbehalten, die mit der Abgabe einer Erklärung für 2020 wieder erstattet wird.

14 Bis 5.000 EUR zusätzlich bei doppelter Haushaltsführung

Wer am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung angemietet hat (doppelte Haushaltsführung), darf bis zu 1 000 Euro pro Monat dafür als Wer­bungskosten absetzen. Zusätzlich können angemessene Ausgaben für Möbel und Ausstattung der Zweitwohnung geltend gemacht werden. Als angemessen gelten zusätzliche Ausgaben von bis zu 5 000 Euro (BMF, Schreiben v. 25.11.2020).

15 Bei Unterbrechung greift die Verpflegungspauschale neu

Bei einer doppelten Haushaltsführung gibt es für die ersten drei Monate Verpfle­gungspauschalen (für jeden An­ und Ab­reisetag 14 Euro/Tag und für Tage mit Übernachtung 28 Euro/Tag). Wurde die doppelte Haushaltsführung 2020 für vier Wochen unterbrochen und danach wie­der fortgeführt, dürfen die Verpflegungs­pauschalen erneut für drei Monate steu­erlich als Werbungskosten beantragt werden.

16 Das richtige Timing bei einer freiwilligen Steuererklärung 

Auch wenn Sie nicht zur Abgabe einer Steuererklärung für 2020 verpflichtet sind, können Sie trotzdem freiwillig eine einreichen. Der späteste Abgabetermin ist der 31.12.2024. Brauchen Sie die Er­stattung nicht dringend, sollten Sie mit der Abgabe warten. Hier winken üppige Erstattungszinsen (0,5 % pro Monat).

17 Ausbuchungen mit Veräußerungsgewinnen verrechnen 

Hat Ihnen die Bank 2020 wertlose Aktien aus dem Depot ausgebucht (z. B. wegen Liquidation der Aktiengesellschaft), ist das steuerlich wie eine Aktienveräuße­rung zu beurteilen. Das bedeutet, dass Sie in der Anlage KAP die Verrechnung solcher Verluste mit Veräußerungsge­winnen 2020 beantragen können.

18 Kirchensteuer als Sonderausgabe absetzbar 

Haben Sie 2020 Kirchensteuer gezahlt, können Sie diese Zahlungen als Sonder­ausgaben absetzen.

19 Beiträge für Riesterrente nicht vergessen 

Wer 2020 Beiträge in einen Riester­Ver­trag gezahlt hat, sollte nicht vergessen, das dem Finanzamt mitzuteilen. Der Fis­kus ermittelt von Amts wegen, ob Sie mit Riester­Zulagen oder mit dem Sonderaus­gabenabzug steuerlich besser fahren.

20 Widerspruch wegen möglicher Doppelbesteuerung 

Rentner, die eine Steuererklärung 2020 beim Finanzamt einreichen und Steuern zahlen müssen, sollten sich mit einem Ein­spruch gegen ihren Steuerbescheid für 2020 wehren. In verschiedenen Musterpro­zessen (u. a. FG Saarland, Az. 3 K 1072/20; 3 V 1023/20) wird derzeit geklärt, ob Renten doppelt besteuert werden.

 

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