Wenn die Preise davonrennen

Die Preise für Erdöl und Erdgas ziehen dramatisch an und sorgen ganz nebenbei dafür, dass der Wert von Sparkonten und Lebensversicherungen sinkt. Lesen Sie, was Sie tun können

Obwohl die Prognose für das Wachstum des Bruttoinlands-produkts von bisher 3,7 auf 2,4 Prozent korrigiert wurde, stieg die Inflationsrate im September auf 4,1 Prozent in Deutschland. Bereits im Au-gust hatte der Verbraucherpreisindex um 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmo-nat zugelegt. Preistreiber waren Heizöl/Kraftstoffe (30,9 Prozent), Verkehr (10,5 Prozent) sowie Strom, Gas und andere Brennstoffe (5,9 Prozent). Doch richtig teu-er dürfte es erst im nächsten Jahr werden.

Löhne und Renten Steigt die Inflationsrate, sinkt die Kaufkraft von Löhnen, Renten und Stipendien. Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter werden versuchen, diesen Kaufkraftverlust mit Forderungen nach höheren Nominallöhnen auszugleichen. Das ist aber kompliziert. Denn um eine Nominallohnerhöhung von z. B. vier Prozent zu erreichen, die tatsächlich beim Arbeitnehmer ankommt, müssten die Lohn- und Gehaltsanhebungen etwa fünf bis sechs Prozent betragen, denn davon dürften grob gerechnet zwei Prozent für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge draufgehen. Rentner würden von Lohnsteigerungen zeitversetzt profitieren, weil die Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt sind. Sparguthaben etc. Was aber ist mit den Sparbüchern, Sparplänen, Bausparguthaben oder Lebensversicherungen? Auch deren Kaufkraft droht zu sinken. Beispiel: Ein Sparkonto mit 100 000 Euro, das z. B. mit 0,25 Pro-zent verzinst wird, würde bei der derzeitigen Inflationsrate von 4,1 Prozent nach einem Jahr eine Kaufkraft von 96 250 Euro haben. Nach fünf Jahren würden die nominal 100 000 Euro auf dem Sparkonto real noch 82 604,50 Euro wert sein. Für klassische Lebensversicherungspolicen, die fast jeder Haushalt hat, sieht es nicht viel besser aus. Zwar konnten Lebensversicherungen 2020 mit einer Nettoverzinsung von 3,7 Prozent punkten, aber die laufende Verzinsung – also ohne Sondereffekte (Gewinne aus dem Verkauf von Kapitalanlagen) – war mit 2,8 Prozent deutlich niedriger. Rechnet man hier die aktuelle Inflationsrate dagegen, sinkt die reale Kaufkraft der Ablaufleistungen. Was tun? Ältere Policen sollten nicht gekündigt werden. Ein Vertrag, der zum Beispiel 1995 abgeschlossen wurde, bie­tet ein garanierte Verzinsung von vier Prozent. Auch bei Verträgen, die kurz vor der Auszahlung stehen, sollte man mit einer voreiligen Kündigung vorsichtig sein, denn dadurch verzichtet man auf die Schlussüberschüsse. Bei Policen mit nied­riger Verzinsung und hohen Restlauf­zeiten sollten Versicherungsnehmer da­gegen mit ihrem Finanzberater sprechen und sich ein Angebot von professionellen Investoren holen, die Policen aufkaufen. Dabei sollten Sie darauf achten, dass diese Mitglied im Bundesverband Vermögens­anlagen im Zweitmarkt Lebensversiche­rungen (BVZL) ist, der für den Ankauf von Policen bestimmte Standards vorgibt.

Wo bieten sich Alternativen? Normalerweise gelten Sachwerte wie Aktien, Immobilien oder Gold als sicherer Hafen. Für alle, die solche risikobehafteten Anlagen jedoch ablehnen und auf feste Zinsen setzen, gibt es eine interessante Alternative: inflationsgeschütze Anleihen. Bei diesen Papieren wird der Nennwert, zu dem die Anleihen auf den Markt ge­bracht werden, über die Zeit an die In­flation angepasst. Bei gleichbleibendem Zinssatz steigen durch die Anpassung des Nennwerts der Anleihe die Zinsen. Gleich­zeitig erhöht sich der Rückzahlungsbe­trag, sodass mit Blick auf den ursprüng­lich investierten Betrag zum Laufzeitende kein Kaufkraftverlust eintritt. Da Kauf und Verkauf von inflations­geschützten Anleihen in der Praxis nicht ganz anspruchslos sind, empfiehlt sich eigentlich ein günstiger ETF für diese An­lageform. Wer dagegen eine einzelne in­flationsindexierte Anleihe kaufen möchte, sollte sich zuvor von der Bank genau auf­schlüsseln lassen, mit welchem Betrag er für den Kauf belastet wird und welcher Betrag ihm dafür in seinem Depot gut­geschrieben wird. Denn aufgrund der Konstruktion solcher Wertpapiere kann es hier große Unterschiede geben, die auf den ersten Blick für Verwirrung sorgen. Aktien Die Beteiligung breiter Teile der Bevölkerung am Produktivvermögen ist ursprünglich eine Forderung aus der linken Ecke des politischen Spektrums. Produktivvermögen bedeutet mit Blick auf eine Inflation Sachvermögen. Anders als nominale Geldvermögen (Sparkonten, Versicherungen, festverzinsliche Wert­papiere) gelten Sachvermögen als sicherer Hafen gegen eine Geldentwertung. Wich­tig ist jedoch, dass man sich nicht auf eine Aktie fokussiert, sondern breit gestreut und kostengünstig investiert. Das geht zum Beispiel mit einem ETF, der die ca. 1 600 Aktien des MSCI World Index abbildet.

Immobilien Der Klassiker bei der Ab­wehr der Inflationsrisiken sind Immo bi­lien. Steigen die Preise, steigen in der Re­gel auch die Immobilienpreise. Besonders interessant ist der Inflationsschutz bei kre­ditfinanzierten Immobilien. Hypotheken­darlehen, die gegenwärtig recht niedrig verzinst werden, unterliegen ebenso dem Kaufkraftverlust wie andere nominale Geldbeträge, wenn der Darlehenszins niedriger als die Inflationsrate ist. Hinzu kommt, dass man sich mit einer Immobilie dem Inflationstrend, der auch vor den Mieten nicht haltmacht, entziehen kann.

Gold Wie effektiv der Schutz ist, den das gelbe Metall gegen alle finanzpoliti­schen Winkelzüge des Staates bietet, zeigt die Tatsache, dass der Besitz von Gold bei­spielsweise in den USA ab Mai 1933 lange Zeit verboten war. Die Amerikaner muss­ten ihre Goldbarren, ­münzen und ­zerti­fikate damals zu einem festgelegten Preis von 20,67 US­Dollar pro Feinunze an den Staat verkaufen. Gold, das nicht abgege­ben und später bei Durchsuchungen von Wohnungen oder Bankschließfächern ge­funden wurde, beschlagnahmte der Staat ohne Entschädigung. Die Amerikaner durften lediglich Gold bis zu einem Wert von 100 Dollar in Form von Schmuck, Gold für industrielle Zwecke, Kunst und Goldmünzen behalten. 1961 wurde das bis dahin auf das Inland beschränkte Verbot sogar auf im Ausland deponierte Gold­bestände ausgedehnt. Das Goldverbot wurde erst 1974 aufgehoben.

Fazit Inflationsgeschützte Anleihen, Aktien, Immobilien und Gold bieten einen gewissen Schutz vor einem Kaufkraftver­lust der Ersparnisse. Absolute Sicherheit gibt es jedoch nicht. Denn egal, welchen vermeintlich sicheren Hafen Sie anlaufen, der Staat findet im Extremfall fast immer einen Weg, Sie mit zur Kasse zu bitten. Die »Grausamkeiten« reichten dabei von Zwangshypotheken oder einem Goldver­bot bis hin zu einer höheren Besteuerung von Kapitalerträgen jeder Art.

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